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Das liebe Geld


Nicht reich muss man sein, sondern unabhängig! - André Kostolany

Billiger ist teurer!

Von der Kunst, beim Pfeiferauchen Geld zu verdienen

Wenn ich mich mit Freunden treffe, sprechen wir natürlich über Pfeifen und Tabak. Wir begutachten gegenseitig unsere Pfeifen und probieren die Tabake, die jeder mitgebracht hat. So weit so gut! Als langjährige Raucher mit unseren Stammtabaken und Lieblingspfeifen sind wir schnell mit dem Thema durch. Jetzt fängt der Abend erst richtig an. Wir philosophieren. Wir streiten über Politik und Wirtschaft. Wir sprechen über Geld. We agree, to disagree!

Immer wieder liest man von Pfeifenrauchern, deren Haussegen schief hängt, weil sie das Budget der Familie strapazieren. Manchen hat die Leidenschaft fürs Bruyère in finanzielle Not gebracht. Es zeigt sich einmal mehr, dass Wirtschaften auf keinem Lehrplan zu finden ist. Dabei ist es gar nicht so schwierig. Die Großeltern wussten noch wie es geht. Wer die Nachkriegszeit bis zur Währungsreform überlebt hat, musste Haushalten können.

Mein Großvater hat am Bahndamm Tabak angepflanzt, der auf Wäscheleinen in der Küche getrocknet wurde. Aus Zeitungspapier wurden daraus Zigaretten gedreht, die mein Vater als zehnjähriger Junge einzeln am Bahnhof verkaufte. Nicht die entwertete Reichsmark, Zigaretten waren die Währung der Stunde. Wer kein Geld hat, muss Geld machen! Von den Alten lässt sich so einiges lernen. Streiten zum Beispiel. Wenn auf den großen Festen die Köpfe vor Politik nur so rauchten, dann bildete sich im Kreis der Familie der gesamte politische Diskurs der Zeit im Kleinen ab. Trotzdem umarmten sich alle zum Abschied. Aber das ist ein anderes Thema.

 

So, jetzt kommt ein kleiner Crashkurs im Haushalten für Pfeifenraucher. Ich habe für mich beschlossen, nur noch hochwertige Pfeifen und Tabake zu kaufen, ohne das Familienbudget zu belasten. Dazu wende ich die ehernen Gesetze des Haushaltens an, wie sie meine Oma uns gelehrt und vorgelebt hat.


Wer braucht schon Geld? Wir brauchten wirklich welches! - Groucho Marx

§ 1     E > A

Die Einnahmen müssen immer größer als die Ausgaben sein

Mehr muss man nicht wissen. Das ist das ganze Studium der Wirtschaftswissenschaften in einem Satz. Punkt. Wessen Einnahmen immer größer als die Ausgaben sind, der ist wohlhabend. Unabhängig davon, wie viel er gerade besitzt. Der Paragraph muss nur konsequent, ohne Ausnahme, angewendet werden. Ich kaufe nichts auf Pump. Was ich nicht bezahlen kann, kann ich mir auch nicht leisten. Wenn ich mehr kaufen möchte, muss ich erst sparen oder mehr einnehmen. Eigeninitiative. Bevor ich es ausgebe, investiere ich Geld in Dinge, die Einnahmen bringen. Und ich investiere in mich selbst. Stichwort: Wissen. Nur so kann ein Mehrwert erzeugt werden. Nicht jeder hat die Nerven, Geld in Aktien anzulegen oder genug finanzielle Mittel, Immobilien zu kaufen. Für das Pfeifenhobby investiere ich in reale Werte, in Estate - Pfeifen.

Der Markt ist schwierig. er wird immer kleiner, aber ich habe ein Gebiet gewählt, in dem ich mich nach 37 Jahren Pfeiferauchen  einigermaßen zurechtfinde. Große Profite gibt es nicht, aber ich will ja nur ein Hobby finanzieren.

Zunächst habe ich mir Wissen angeeignet, indem ich mir alle Videos von RalliGruftie auf YouTube angeschaut habe, in denen das Aufbereiten von Estates mit Hausmitteln erklärt und gezeigt wird. Dann habe ich es selbst ausprobiert und Freunde begeistert mitzumachen. Einige Estates habe ich zu Profis geschickt, um zu sehen, welcher Qualitätsstandard am Markt gefordert wird. Zunächst habe ich das nur für den Eigenbedarf gemacht, um qualitativ hochwertige Pfeifen rauchen zu können, die ich mir neu nicht leisten konnte. E > A!  Ein Nebeneffekt des neuen Hobbys im Hobby: Das Werkeln ist eine gute Übung in Achtsamkeit, die mir dabei hilft, vom stressigen Berufsalltag abschalten zu können.


Der Kapitalismus produziert Schund - Henry Adams

§ 2   Billiger ist teurer

Es gibt Mechanismen im Markt, die nicht für den Verbraucher arbeiten. Mangel erhöht die Preise. Konsum kurbelt das Wachstum an. Billige Dinge zu produzieren, die schnell wieder kaputtgehen, bringt Profite. Die Werbung suggeriert, mit Produkten Emotionen kaufen zu können. Das funktioniert nicht. Die Lösung, immer mehr zu kaufen, um die innere Leere zu füllen, funktioniert langfristig nie. Der auf Schein bedachte Mensch, das moderne Individuum, das glaubt, Identität kaufen zu können, pendelt, wie schon der alte Schopenhauer wusste, zwischen Vorfreude und Langeweile hin und her. Das Gefühl der inneren Leere ist unendlich. Die Konsumfalle schnappt zu. In den Industrieländern wird mittlerweile eine unvorstellbare Menge an nutzlosem Tand hergestellt, der in seiner Summe die begrenzten Ressourcen des Planeten vor unseren Augen auffrißt.

Oma war früher schon nachhaltig und auf Qualität bedacht. Einen Gegenstand zu erwerben, den ein Meister seines Faches mit eigenen Händen gefertigt hat, jemand, der seine Kunst im wahrsten Sinne des Wortes begriffen hat, das ist eine Anschaffung für Generationen. An Weihnachten werden ihre Urenkel Teig durch einen gusseisernen Fleischwolf drehen, der Oma ein Vermögen gekostet hat.  Letztendlich war es billiger, einmal mehr Geld auszugeben - wenn man es hat, E > A! - als ständig neuen Schund zu kaufen. Das gilt für Möbel wie für Pfeifen.

Pfeifen von Sixten Ivarsson sind heute ein Vermögen wert. Eine solche Pfeife ist eine Investition. Sie wird wie ein Oldtimer im Wert steigen. Aber bleiben wir kleine Schuster bei unseren Leisten. Die Firma Dobbelmann ist Geschichte. Eine Serienpfeife von guter Qualität, unberaucht, nicht ganz kitfrei, mit Patina und Lack habe ich für kleines Geld ersteigert, ein Betrag im unteren zweistelligen Bereich. Ich habe sie abgeschliffen und mit Wachs poliert. Wunderschön. Ich werde sie nicht verkaufen. Ich werde sie rauchen und liebevoll pflegen. Meine Enkel können sie dann mit Gewinn veräußern. Ob ein Investor erfolgreich war, wusste schon André Kostolany, wissen nur seine Erben.


Die ultimative Glücksformel

§ 3    R - W = G

oder: Weniger ist mehr

Die Glücksformel habe ich aus dem tollen Zendepot - Podcast von Holger Grethe,  https://zendepot.de/podcast/, der euch beibringt, wie man an der Börse auch mit wenig Kapital ein passives Einkommen aufbauen kann. Sehr empfehlenswert. Die Formel ist nicht von ihm. Auch er hat sie irgendwo aufgegabelt. Wichtig ist, dass sie funktioniert. In dem Augenblick, wo sie angewendet wird, macht sie ihren Benutzer sofort reicher. Realität - Wünsche = Glück! Wer dankbar für das ist, was er hat und wer seine Wünsche hinterfragt, der mehrt sein Glück. Hand aufs Herz: Ein Großteil der kursierenden Wünsche sind nicht mal unsere eigenen, sondern gesellschaftliche Konventionen, die aus dem Bedürfnis, dazugehören zu wollen, unreflektiert übernommen werden. Das sind nichts als Surogate. Eine Art kollektiver Wahn von Menschen, die die Beziehung zu sich selbst verloren haben.

 

Was will ich wirklich? Ich will geliebt werden. Keine neue Pfeife, weil ich mich nicht geliebt fühle! Was brauche ich wirklich? Was erfreut mein Herz? Was habe ich nur in einem Anflug von Leere gekauft und verstaubt in den Regalen? Alles, was ich in den letzten drei Monaten, vom Wintermantel mal abgesehen, nicht benutzt habe, ist Müll. Rausgeschmissenes Geld. Ballast. Ich möchte mich nur mit Dingen umgeben, die ich wirklich brauche und auch wertschätze, was im Grunde genommen dasselbe ist.

Eines Tages stand ich mit Konsumschulden vor einer riesigen Ansammlung an Pfeifen, von denen mehr als die Hälfte verstaubt war. Wenn ich an freien Tagen bis zu sechs Pfeifen rauche, an Arbeitstagen ein bis zwei, und wenn eine Pfeife 24 Stunden zum Ruhen braucht, kann ich leicht ausrechnen, wie viele Pfeifen ich wirklich benötige. OK, verschiedene Köpfe für verschiedene Tabakschnitte, verschiedene Pfeifen für verschiedene Aromen, um unterschiede nicht zu verwässern, das muss schon sein! 30 Jahre lang war ich mit vier Pfeifen ausgekommen. Mein Opa hatte immer nur eine. Ich zögerte nicht: Alles Überflüssige durfte gehen. Verschenkt. Weggeschmissen. Verkauft. Ein tolles Gefühl der Befreiung und noch lukrativ dazu. Mir fehlt nichts.

 

Seit ein paar Monaten finanziert sich mein Hobby selbst. Ich kaufe statt einer immer gleich zwei runtergerockte  Estates, entspanne und entschleunige, während ich sie wieder schick und schön mache und verkaufe eine wieder, um die andere und ihren Tabak zu finanzieren oder um für die Freehand eines Meisters zu sparen. Läuft. Der achtsame und intensive Umgang mit immer nur einer Pfeife, hat mein Wissen ungeheuer vertieft, so dass ich immer sicherer auswähle und Möglichkeiten erkenne. Von meiner Einbildung, nach 37 Jahren Pfeiferauchen schon alles zu wissen, wurde ich kuriert. Lehrgeld habe ich auch bezahlt. Aber nur die eigene Erfahrung hilft weiter. In Geldangelegenheiten gibt es nur die eigene Verantwortung. Heute sitze ich an feien Tagen abends in meinem Sessel, rauche eine, während mein Geld an der Börse für mich arbeitet, damit ich einmal ohne Rentenlücke früher in den Ruhestand gehen kann. Allein dieses Gefühl ist unbezahlbar. Aber das ist eine andere Geschichte.

 

In Zusammenhang mit Geld spreche ich nicht von Reichtum. Reichtum bemisst sich durch die Qualität der Beziehungen zu Menschen. Freunde sind Reichtum. Familie ist Reichtum. Erinnerungen und Erfahrungen sind Reichtum. Reichtum ist ein Reichtum an Phantasie. Gesundheit und Glück sind Reichtum. Geld bedeutet für mich Wohlstand und Unabhängigkeit. Und Weihnachten schenke ich mir selbst eine niegelnagelneue L´anatra. Ich werde sie bar bezahlen. Denn: Cash ist geil!

 

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Moi, je suis un autre!

Unverbesserlich Ich
Unverbesserlich Ich

Markus Heisel

Jahrgang 1966

 

Intellegis, me esse philosophum?

Intellexeram, si tacuisses!

- Boethius

 

markus.heisel@freenet.de

 

 

 

 Mauro Armellini, Billiard
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